Das Desaster von Kißlegg und wie die SchwäZ das Ereignis umdichtet

KI-Bild: der CDU-Multibeamte und Bürgermeister Timo Egger

Der CDU-Multibeamte und Biosphärenwerber Timo Egger hat die Schwäbische Zeitung fest im Griff. Die Missachtung journalistischer Standards macht das möglich.

Die wirtschaftlich nicht ganz unwichtige Kommune Kißlegg im Westallgäu hat im Gemeinderat abgestimmt und mit überwältigender Mehrheit beschlossen, dass sie derzeit nicht gedenkt, Teil des Biosphärenreservats Oberschwaben-Allgäu zu werden.

Das ist eine herbe Niederlage für Stuttgart und den ehrgeizigen Biosphärenwerber Timo Egger.

Schon mehrmals begegnete der SPHÄRMAN dem Multibeamten Egger, der behauptet, er sei neutral, was die Einrichtung des Biosphärenreservats betrifft.

Das ist eine unsinnige Lüge und nicht die einzige Unwahrheit, die Timo Egger den Leuten aufs Brot schmiert.

Der wortgewandte Egger kann sich dabei auf seine Qualitätsjournalisten bei der Schwäbischen Zeitung (SchwäZ) verlassen, die regelmäßig Tatsachen verdrehen, um die Biosphäre in günstiges Licht zu stellen. Nicht alle bei der SchwäZ, aber viele, hängen an den Lippen Eggers und beten seine Glaubenssätze nach.

Timo Egger ist in puncto Biosphäre dem Landrat von Ravensburg Harald Sievers zugeteilt und Vollstrecker der Wünsche Stuttgarts.

Und die lauten ganz offensichtlich: Sorge dafür, dass die Biosphäre kommt!

Aus Regierungssicht ist die Personalie Egger eine gute Wahl, denn der gelernte Verwaltungsfachmann ist schlau und vor allem biegsam. Als in der Region verankerter CDU-Bürgermeister der Gemeinde Fleischwangen weiß er die ländlichen Leute um den Finger zu wickeln, auch wenn er Stuttgarts grüne Agenda durchzieht.

Das erlebte der SPHÄRMAN bei einer Veranstaltung für Holzleute in Wolfegg. Und Monate später im Gemeindehaus von Unterwaldhausen, wo Timo Egger im bäuerlich geprägten Gemeinderat das neue Kommunikationskonzept für die Biosphäre ausprobierte.

Dort haben Eggers Zauberkräfte allerdings nicht so gut gewirkt, was vielleicht daran lag, dass er nicht ganz gesund war. Mitte Januar litten viele an Erkältung.

Zu meiner Reportage über den Auftritt von Timo Egger und weiteren Biosphärenwerbern in den dörflichen Gemeinden Unterwaldhausen und Guggenhausen verlinke ich → hier.

Spoiler: Es kommen lautes Geschrei und eine geheimnisvolle Schönheit darin vor.

Timo Egger (KI-Bild oben) ist Bürgermeister von Fleischwangen, der von der Regierung mit einem Schlüsselamt betraut wurde. Denn Egger ist auch noch Vorstandsmitglied und Sprecher der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft Biosphärengebiet (KAB), jenem Gremium, dem alle Bürgermeister im Suchgebiet für das Biosphärenreservat angehören. Das ist die amtliche Sprachregelung. De facto ist Timo Egger oberster Biosphärenwerber im Auftrag von Umweltministerin Thekla Walker. Der blutjunge (um die 35) und blitzgescheite Verwaltungsfachmann war zu Beginn seiner Karriere stellvertretender Leiter der Kreistagsgeschäftsstelle im Landratsamt Konstanz, sowie stellvertretender Pressesprecher und stellvertretender persönlicher Referent des Landrates. Unter den Bürohengsten der ausufernden Staatsbürokratie Oberschwabens gilt Egger als Rennpferd und hundertprozentig regierungstreu. Falls er das möchte, dürften Egger Chancen auf ein hohes Amt in Baden-Württemberg winken. Für einen aufstrebenden Lokalpolitiker wie ihn wirkt das machtpolitische Geflecht Südschwabens wie eine Strickleiter. Wer ans Ziel seiner Wünsche gelangen will, muss an zwei Herren vorbei: Harald Sievers und Klaus Tappeser. Die Kommunale Arbeitsgemeinschaft Biosphärengebiet ist ans Landratsamt Ravensburg angebunden, wo Harald Sievers das Sagen hat und die Bürgermeister seines Hoheitsgebiets mit der Erteilung von Genehmigungen an der kurzen Leine hält. Eine Etage darüber sitzt der machtbewusste Regierungspräsident zu Tübingen, der Klaus Tappeser heißt und über eine Milliarde Euro (!) Fördermittel gebietet, nach denen Kommunen und Bürgermeister gieren. Sowohl Sievers als auch Tappeser sind Amtsträger von Stuttgarts Gnaden. Auf welcher Seite sie im Ringen um das Biosphärenprojekt stehen, ist klar. Und nach wessen Pfeife jeder Bürgermeister tanzt, der in der Gunst der beiden stehen will, sowieso.

Zurück zum Thema: Am 12. März 2025 beschloss der Gemeinderat von Kißlegg mit einer Gegenstimme (GRÜNE), dass es keinen Sinn ergibt, am geplanten Biosphärenreservat Oberschwaben-Allgäu teilzunehmen.

Begründung: erwartbare Einschränkungen, noch mehr Bürokratie, Geheimnistuerei vonseiten der Behörden, unklare Kosten.

Wenige Tage danach, am 18.3.2026, betreibt ein SchwäZ-Redakteur aus der Ravensburger Lokalredaktion Krisenkommunikation im Sinne Timo Eggers, indem er schlicht Unwahrheiten über das geplante Schutzgebiet verbreitet, die sich leicht widerlegen ließen, wenn man das wollte.

SchwäZ: Eines dürfte relativ viele überraschen: Tatsächlich würde ein solches Gebiet, Stand heute, gar nicht so viel verändern – außer dass die Region einen weiteren Namen tragen kann.

SchwäZ: Timo Egger ist Bürgermeister von Fleischwangen und leitet den Prüfprozess, an dessen Ende die Gemeinderäte der Kommunen das letzte Wort haben und entscheiden, ob ihre Kommune einem Biosphärengebiet ganz oder nur in Teilregionen beitritt. Er wünsche sich, über die Chancen zu sprechen, wie er sagt, weil sich gar nicht viel ändern würde.

SchwäZ „Für die Kernzone waren die bestehenden Naturschutzgebiete unsere Richtschnur, die sich alle in öffentlicher Hand befinden“, sagt Egger. Das heißt, auch mit einem Biosphärengebiet wird sich hier nichts ändern. Ähnlich sei es mit der Pflegezone, die sich an die Kernzone anschließt. „Uns wird vorgeworfen, dass man in der Zone dann nicht mehr bauen kann. Das ist richtig, aber da darf man heute schon nicht bauen“, so Egger. Der Grund: Alle Gebiete in der Pflegezone hätten schon eine Schutzkategorie, wie etwa FFH-Gebiete.

Die Wahrheit: Mit der Einrichtung des Biosphärenreservats ist die Mitsprache der Kommunen darüber, was auf ihrem Land geschieht, erheblich eingeschränkt. Denn fortan würde das Regierungspräsidium in Tübingen unter der Leitung des selbstherrlich agierenden Biosphärenfans Klaus Tappeser bestimmen.

Was dann geschieht, trauen sich sogar Eggers eigene Leute nicht zu sagen.

Der SPHÄRMAN war selbst dabei, als der Biosphärenwerber Franz Bühler aus dem sogenannten Prozessteam und die elegante Landratsamt-Juristin Sarah Betschinger zugaben, dass sie für nichts garantieren können.

Warum erzählt Timo Egger in der SchwäZ genau das Gegenteil?

Der SPHÄRMAN zitiert aus seinem Newsletter #21, in dem er über die Gemeinderatssitzung im Dorf Unterwaldhausen berichtete. Es ging um die Biosphäre:

Neben dem SPHÄRMAN sitzt ein Zuhörer, dem man ansieht, dass er schon viel Lebenszeit an der frischen Luft verbrachte. Vor Minuten hatte er begonnen, voll innerer Unruhe auf dem Stuhl hin- und herzurutschen und die Hände aneinander zu reiben.

Jetzt platzt es aus ihm raus: „Ich bin seit 31 Jahren Forstbetriebsleiter. Dass keine neuen Vorschriften kommen, nehme ich Ihnen nicht ab! Sie haben NICHT erwähnt, dass das Biosphärengebiet unter dem Naturschutzgesetz verwaltet wird. Wir binden uns damit NOCH mehr Fesseln und Bürokratie ans Bein. Kann man die Moore nicht ohne Biosphärengebiet wiedervernässen?“

Später stellt sich raus: Der unruhige Herr heißt Christoph Tholl und ist im Forstbetrieb Graf zu Königsegg-Aulendorf verantwortlich für 2.500 Hektar Wald.

Franz Bühler reagiert überraschend defensiv: „Was hier kommen wird, kann niemand garantieren. Auch ohne Biosphärengebiet.“

Im selben Newsletter #21 berichtet der SPHÄRMAN über eine weitere Gemeinderatssitzung im Nachbarort Guggenhausen. Auch hier war der Anlass eine Werbeveranstaltung für die Biosphäre:

Franz Bühler spult seinen Lichtbildervortrag runter: keine Auswirkungen für Land- und Forstwirtschaft in den Entwicklungszonen usw.

Danach darf gefragt werden. Einer im Gemeinderat erhebt das Wort: „Das war vor 20 Jahren genauso. Als die FFH-Sitzungen stattfanden, hieß es, diese Regelungen hätten auf die Landwirtschaft keine Auswirkungen. Genau das Gegenteil ist passiert. Wir können jetzt wegen Vogelschutz nirgendwo mehr im Ort bauen.“

[ERKLÄRUNG: FFH steht für Flora-Fauna-Habitat. Der Schreck über den (von der ehemals alleinregierenden CDU begangenen) Betrug im Zusammenhang mit den FFH-Gebieten steckt vielen Landnutzern bis heute in den Knochen. Damals (um 2010) wurden weite Flächen – entgegen anderslautenden Versprechen der Politik – über die Köpfe der Eigentümer hinweg als Flora-Fauna-Habitat-Gebiete ausgewiesen und die Bauern mit erheblichen Einschränkungen bei der Bewirtschaftung belegt.]

Sarah Betschinger sitzt nun am Konferenztisch der Gemeinderäte und beugt sich Nähe suchend nach vorn: „Ich verstehe ihre Befürchtung absolut. Die Entscheidung liegt bei Ihnen. Wir können nur über den aktuellen Stand informieren.“

Das ist keine befriedigende Antwort. Franz Bühler bemerkt das und sekundiert: „Wir können ihnen nichts garantieren, aber dieser Prozess läuft anders als bei FFH. Jetzt kommen die Karten und Sie können selbst entscheiden.“ 

Gemeint sind die Gebietskarten für das geplante Biosphärenreservat, die Ende März auf einem amtlichen Portal veröffentlicht werden sollen.

Und noch etwas: Wie wenig den Erzählungen Eggers zu trauen ist, sieht man am Beispiel Biosphärenreservat Rhön. 

Herbst 2024: Nur wenige Wochen bevor er sein Amt als Umweltminister abgeben muss, narrt Bernhard Stengele, der aus Kißlegg stammende Schauspieler, Regisseur und Gerade-noch-Umweltminister Thüringens, die Bürgermeister der Rhön, indem er sie vor vollendete Tatsachen stellt. Riesige Flächen ihrer Gemeinden, die bis dahin in sogenannten Entwicklungszonen des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön liegen, sind ab sofort Teil von Kern- oder Pflegezonen und dürfen nicht mehr wie gewohnt bewirtschaftet werden.

Es ist ein Schlag ins Gesicht jedes Kommunalpolitikers, der bis dahin dachte, dass er ein Wörtchen mitzureden habe, was in seiner Gemeinde geschieht.

Trotz der irren Zahl von rund 1.400 (!) Eingaben und einer von 21 Bürgermeistern und zwei Landräten unterzeichneten Petition trat am 1. Oktober eine Verordnung über die Erweiterung von Kern- und Pflegezonen im Thüringer Teil des UNESCO-Biosphärenreservats Rhön in Kraft.

Quasi über Nacht werden kommunale und private Grundstückseigentümer in ihren Rechten beschnitten. Insbesondere Land-, Forst- und Bauwirtschaft sind betroffen.

Pikant: Begründet wurde dies mit einer Lüge. Denn Bernhard Stengele ließ erklären, dass die Kern- und Pflegezonen des UNESCO-Biosphärenreservats auf der Thüringer Seite zu vergrößern seien, weil die UNESCO das so wolle.

„Das ist nicht korrekt“, bestätigte die UNESCO schriftlich dem SPHÄRMAN. 

Schon wieder ein Biosphärenwerber beim Lügen erwischt! 

Nun hat Thüringen eine neue Regierung, aber die macht keine Anstalten, die Zonenerweiterung des alten Lügenministers zurückzunehmen. 

Na, wer glaubt noch den Versprechungen vonTimo Egger?

Offenbar die Meisterjournalisten der SchwäZ, auf die sich Egger stets verlassen darf.

Übrigens: Wie die Gemeinderatssitzung von Kißlegg ablief, als die Kommune ihren Ausstieg aus dem Biosphären-Prüfprozess beschloss, dokumentierte die unabhängige Bildschirmzeitung. Das ist spannend zu lesen. Da hat sich offenbar jemand die Versammlungs-Reportagen des SPHÄRMAN zum Vorbild genommen. 

Zum Bericht inkl. Sitzungsvorlage für den Gemeinderat geht’s → hier.

SPHÄRMAN-NEWSLETTER

Melden Sie sich hier an!
Shares:
Kommentieren

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert