Seit genau fünf Jahren liegen die → Produkte der Biosphärenmarke Albgemacht in den Regalen ausgewählter Hofläden und bei REWE auf der Schwäbischen Alb. Aber wie gut verkauft sich die Marke?
Auch in Leinfelden-Echterdingen und im REWE-Markt in der Stuttgarter Ostendstraße kann man „Albgemacht“ kaufen. Sämtliche Leckereien stammen aus dem → Biosphärenreservat Schwäbische Alb und erhalten oder fördern die biologische Vielfalt, heißt es. Behörden und Naturschutzstellen überwachen die Erzeugungskriterien. Es gibt Wein, Brot, Mehl, Wurst, Milch, Käse und so weiter.
Eigentümer der Marke ist das Land Baden-Württemberg. Um Geräte für die Herstellung anzuschaffen und die Vermarktung zu ermöglichen, leisten sowohl das Biosphärenreservat, als auch zwei Landesministerien finanzielle Unterstützung. So flossen zum Beispiel aus dem Umweltressort knapp 30.000 Euro in das Projekt.
Euphorisch begrüßte die Presse den Marken-Launch im November 2018. Tübingens Regierungspräsident Klaus Tappeser eilte herbei und spendete freundliche Worte.
Stimmt die Erfolgsgeschichte?
Albgemacht war eine politische Idee und gilt unter Biosphärenfans als Beleg für die These, dass kommerzieller Erfolg durch nachhaltiges Wirtschaften in einem Biosphärenreservat möglich ist. Aber stimmt das überhaupt?
Der Sphärman sprach mit Julian Schmid von der gleichnamigen Hofmolkerei in Münsingen-Bremelau, etwa 50 Kilometer südöstlich von Stuttgart gelegen. Schmid gehört zu den ersten, die von „Albgemacht“ überzeugt waren und ist heute Vorstand des Trägervereins, der die Marke verwaltet.
SPHÄRMAN: Wie war das damals, als alles begann?
JULIAN SCHMID: 2014 lud uns die Geschäftsstelle des Biosphärengebiets Schwäbische Alb ein und präsentierte die Idee. Danach wurde ein Konzept erarbeitet. Vier Jahre später kamen die ersten Produkte in die Läden. Eine Lebensmittelmarke entwickeln und auf den Markt bringen kostet viel Zeit und Geld.
SPHÄRMAN: Musste unter den Erzeugern viel Überzeugungsarbeit geleistet werden?
Ohne Förderung keine Marke
JULIAN SCHMID: Erstmal nicht. Das Interesse war groß. Zumal die Kosten der Markenentwicklung komplett von der Geschäftsstelle übernommen wurden. Die Förderung der Regionalentwicklung ist in den Biosphärengebiet-Leitlinien verankert. Anfangs waren um die 80 Erzeuger und Verarbeiter dabei. Als es konkret wurde, zählten wir nur noch 30. Zur Gründung waren 8 übrig. Für manche Betriebe sind die vorgegebenen Anforderungen bei der Herstellung einfach zu hoch. Inzwischen sind wir wieder mehr.
SPHÄRMAN: Wie geht es heute?
JULIAN SCHMID: Danke der Nachfrage. Die Vermarktung ist an manchen Stellen zäh. Es gibt auch Betriebe, bei denen sich Albgemacht durchaus positiv entwickelt hat. Aber ohne Unterstützung von verschiedenen Stellen gäbe es Albgemacht in der Form nicht mehr.
SPHÄRMAN: Immerhin war als Gründungspartner die mächtige REWE-Gruppe mit im Boot.
JULIAN SCHMID: Ja, REWE unterstützt uns. Wenn man dort im Regal steht, ist es aber noch nicht getan. Man muss die Kunden überzeugen. Die Politik hebt die Marke „Albgemacht“ gerne hervor. Das ist schön. Doch letztendlich müssen wir verkaufen.
SPHÄRMAN: Warum gestaltet sich das nicht einfach?
Biosphärenprodukte nicht leicht zu bewerben
JULIAN SCHMID: Es ist nicht leicht, zu kommunizieren, was ein Produkt aus dem Biosphärengebiet ausmacht: Nachhaltigkeit, Artenvielfalt, Regionalität. Diese Schlagworte muss man auf den Punkt bringen. Das Thema ist komplex. Wenn Sie dafür im REWE-Laden oder auf Facebook werben, kommen Sie ohne den persönlichen Austausch schnell an Ihre Grenzen.
SPHÄRMAN: Bereuen Sie, dass Sie Erzeuger bei „Albgemacht“ sind?
JULIAN SCHMID: Nein. Durch das Mitwirken bei der Marke habe ich viel gelernt und bin mit Menschen zusammengekommen, die ich vielleicht sonst nicht getroffen hätte. Des Weiteren schätze ich die anderen „Albgemacht“-Mitglieder sehr und arbeite gerne mit ihnen zusammen.
SPHÄRMAN: Und das Biosphärenreservat – hat es Ihnen Vorteile gebracht und sind Sie zufrieden dort zu Hause zu sein?
JULIAN SCHMID: Ich bin sehr dankbar und zufrieden hier zu leben. Betrieblich bringt mir das Biosphärenreservat weder Vor- noch Nachteile. Persönlich hat sich die Lebensqualität meiner Meinung nach verbessert, da viele Projekte angestoßen wurden und sich die Infrastruktur wie etwa Wander- und Radwege im Biosphärengebiet verbessert hat.
Wer jetzt neugierig auf das Molkereihandwerk von Julian Schmid geworden ist, findet zwischen Biberach und Stuttgart zahlreiche → Verkaufsstellen, wo man Milch, Joghurt und Pudding aus der Milch von familieneigenen Kühen einkaufen kann. Oder man lässt sich beliefern.