Lässt sich der Deutsche PR-Rat von der Politik instrumentalisieren?

Lobbyist Axel Wallrabenstein und PR-Professorin Elke Kronewald

Nach der regierungsverliebten Schwabenpresse versucht nun ein neuer Player den SPHÄRMAN zu hinterfragen. Es ist eine schillernde Runde von Lobbyisten und Beratern.

Der PR-Rat ist eine Art Tafelrunde der wichtigsten PR-Agenturen Deutschlands. Mit diesem Gremium gibt sich die Branche einen seriösen Anstrich, indem sie vorgibt, Fehlverhalten der eigenen Kollegen zu ahnden. Nun hat dieser PR-Rat ein Disziplinarverfahren gegen den SPHÄRMAN eingeleitet, obwohl der SPHÄRMAN ger keine PR macht. Hat jemand aus der BAWÜ-Politik das Verfahren gegen den lästigen SPHÄRMAN bestellt?

Auf diese Frage antwortet die Chefin des PR-Rats nur vage, aber Indizien sprechen dafür: Ganz schön viele Mitglieder im PR-Rat verdienen ihr Geld in oder mit Institutionen der öffentlichen Hand in Baden-Württemberg. Und: Der SPHÄRMAN geht den Anhängern eines dritten UNESCO-Biosphärenreservats im Land gehörig auf den Keks. Vor allem, weil alles stimmt, was er schreibt. Und – anders als der überwiegende Rest der Schwabenpresse – vor der Obrigkeit nicht buckelt. Blöde Pressefreiheit.

An den Pranger stellen

Mit welcher Begründung untersucht das Moralgremium die Arbeit des SPHÄRMAN? Der PR-Rat ist (unter anderem) der Meinung, der SPHÄRMAN solle bekannt geben, ob er für seine Arbeit bezahlt wird und wenn ja, vom wem. Das gebiete die Moral, meinen die Damen und Herren der PR-Tafelrunde. Und wenn der SPHÄRMAN nicht gesteht, droht eine Rüge. Die ist juristisch zwar irrelevant, wird aber von schreckhaften Vertretern der PR-Branche als Makel gefürchtet. 

PR-Professor Lars Rademacher vom PR-Rat sagte neulich in einem Interview: „Mit einer Rüge stellen wir die Betroffenen öffentlich an den Pranger. Das hat manchmal schwächere, manchmal aber auch stärkere Auswirkungen, wenn dadurch etwa der Gerügte an Reputation verliert.“ Man erkennt die Absicht: Es geht darum, die Arbeit des Delinquenten zu stören.

Dazu fällt mir ein Zitat aus der fantastischen TV-Serie „Billions“ ein: If they hate you enough, they will find legal grounds to fuck you. Ins Deutsche übersetzt: Wenn sie dich genug hassen, finden sie legale Gründe, dich zu erledigen. Ist der SPHÄRMAN wirklich so ein Schlimmer, dass er gehasst werden muss?

Und was sind das für Leute, die im PR-Rat sitzen und sich ausreichend erhaben fühlen, um über die Moral des SPHÄRMAN zu richten? Ich habe mir unter den 20 Mitgliedern mal 6 herausgepickt, die ich hier porträtiere. Urteilen Sie selbst, wem davon die Rolle des Moralrichters zusteht.

Umweltministerium, Wirecard, Coca-Cola…

Die schillerndste Persönlichkeit dieses Benimm-Gremiums ist zweifellos ein Herr namens Axel Wallrabenstein, der Ratschefin Elke Kronewald im PR-Rat als Stellvertreter zur Seite steht. Wallrabenstein ist eher klassischer Lobbyist, kein PR-Mann. Der SPHÄRMAN hat den Weinfreund einmal sogar persönlich kennengelernt – ausgerechnet in der Landesvertretung von Baden-Württemberg zu Berlin. Wallrabenstein war in der Politik (CDU), dann Pressesprecher, Redakteur und wirkt seit 24 Jahren in Führungspositionen bei der Lobbyagentur MSL Germany, die früher Publicis hieß. Axel holte 2022 einen gewissen Daniel Holefleisch als Partner zu MSL, was große Beachtung fand, denn der Lobbyist ist Ehemann von Annalena Baerbock. Laut Hauptstadtpresse sind Wallrabenstein und Ex-Gesundheitsminister Jens Spahn persönlich befreundet. Während der Pandemie beriet Wallrabensteins Firma MSL die Bundesregierung bei der Corona-Kommunikation. Stichwort: „Pandemie der Ungeimpften“. Ob ein MSL-Mensch diesen Spruch erfand, weiß ich allerdings nicht. Kurios: Laut Lobbyregister berät MSL Germany zugleich die Initiative Pro Leber und den globalen Spirituosenkonzern Diageo. Letzteren wegen der verschärften Regulierung von Alkoholwerbung. Auch für Coca-Cola und Mars zieht MSL die Fäden. Es geht um die Pläne der Bundesregierung, den Kinderschutz in der Lebensmittelwerbung zu verstärken. Ebenfalls auf der Kundenliste: Tabakgigant Philip Morris. Beim Landtag von Baden-Württemberg lobbyierte MSL für den US-Pharmariesen Gilead Sciences. Und als das linke Medienhaus „Correctiv“ wegen unsauberer Berichterstattung im Zusammenhang mit seiner Geheimplan-Recherche in die Kritik geriet, engagierte der Verlag MSL für die Krisenkommunikation. Natürlich fragte ich Herrn Wallrabensein, ob das Beschwerdeverfahren gegen den SPHÄRMAN ein Freundschaftsdienst sei. Resultat: Keine Reaktion, nur eine allgemeine Antwort von Ratschefin Kronewald – siehe unten.

Seit 2019 arbeitet Rats-Mitglied Bärbel Estert-Vecoli für die PR-Firma Edelman als Managerin für corporate reputation, also Firmenruf. Den kann Edelman vielleicht selbst gut gebrauchen. Im Zuge des Bilanzskandals der Wirecard AG wurde bekannt, dass Edelman ab Anfang 2020 für den Konzern tätig war. Im März 2020 erstellte Edelman einen „Aktionsplan Leerverkäufe“ für die Wirecard AG. Der Ex-Chefredakteur der BILD-Zeitung Kai Diekmann und Karl-Theodor zu Guttenberg wurden eingespannt, um bei Politik und in Wirtschaftskreisen für ein (erneutes) Leerverkaufsverbot von Wirecard-Aktien zu werben, damit der Kurs nicht ins Bodenlose fällt. Diekmann übernahm die Kommunikation ins Bundesfinanzministerium, Guttenberg veröffentlichte einen Gastkommentar in der FAZ, der sich ähnlich liest wie ein Argumentationspapier von Edelman. Gegen Guttenberg wurde im PR-Rat ein Verfahren wie das gegen den SPHÄRMAN eingeleitet. Der Baron kassierte eine Rüge und sitzt weiterhin im board der US-Mutterfirma. Edelman Deutschland berät zahlreiche Institutionen in Politik und öffentlicher Hand in Fragen der Kommunikation, unter anderem das grün geführte Außenministerium. Natürlich fragte ich Frau Estert-Vecoli, ob das Beschwerdeverfahren gegen den SPHÄRMAN ein Freundschaftsdienst sei. Keine Reaktion, nur eine allgemeine Antwort von Ratschefin Kronewald – siehe unten.

Seit 2018 ist Prof. Dr. Felix Krebber Professor für Unternehmenskommunikation an der staatlichen Hochschule Pforzheim des Landes Baden-Württemberg und wird aus der öffentlichen Hand bezahlt. Natürlich fragte ich Herrn Krebber, ob das Beschwerdeverfahren gegen den SPHÄRMAN ein Freundschaftsdienst sei. Keine Reaktion, nur eine allgemeine Antwort von Ratschefin Kronewald – siehe unten.

Als Ex-Mitarbeiter der „Computer Zeitung“ sollte Veit Mathauer unabhängigen Journalismus zu schätzen wissen. Als Gründer der Stuttgarter Kommunikationsagentur Sympra pflegt oder pflegte Mathauer viele geschäftliche Beziehungen zu staatlichen bzw. staatsnahen Kunden in Baden-Württemberg. Zum Beispiel die Beamtenschmiede „Intersectoral School of Governance Baden-Württemberg“, das Wirtschaftsministerium, die Messe Stuttgart, den Flughafen Stuttgart etc. Natürlich fragte ich Herrn Mathauer, ob das Beschwerdeverfahren gegen den SPHÄRMAN ein Freundschaftsdienst sei. Keine Reaktion, nur eine allgemeine Antwort von Ratschefin Kronewald – siehe unten.

Seit 2014 ist Prof. Dr. Lars Rademacher, den ich weiter oben zitiere, Professor für Public Relations an der staatlichen Hochschule Darmstadt. Dort lehrt er unter anderem Onlinejournalismus, sollte also den Unterschied zwischen digitaler PR und unabhängiger Berichterstattung kennen. Lars Rademacher ist Ex-Vorsitzender des PR-Rats und Vorgänger von Elke Kronewald. Er lehrt auch an der ARD.ZDF-Medienakademie. Mehr Staatsnähe geht gar nicht. Natürlich fragte ich Herrn Rademacher, ob das Beschwerdeverfahren gegen den SPHÄRMAN ein Freundschaftsdienst sei. Keine Reaktion, nur eine allgemeine Antwort von Ratschefin Kronewald – siehe unten.

Ihre Doktorarbeit schrieb Prof. Dr. Annika Schach über redaktionelle Gewinnspiele. Seit 2017 lehrt sie als PR-Professorin an der staatlichen Hochschule Hannover und betreibt eine Agentur, in der sie die Kommunikation ihrer Kunden zukunftsfähig macht – unter anderem durch respektvolle Sprache und digitales Know-how (Eigenauskunft). 2023 erschien Schachs Buch „Diversity & Inclusion in Strategie und Kommunikation“. Natürlich fragte ich Frau Schach, ob das Beschwerdeverfahren gegen den SPHÄRMAN ein Freundschaftsdienst sei. Keine Reaktion, nur eine allgemeine Antwort von Ratschefin Kronewald – siehe unten.

Die Chefin des PR-Rats Prof. Dr. Elke Kronewald ist hauptberuflich PR-Professorin an der Fachhochschule Kiel und beschäftigt sich mit Anwendung und Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI). Davor lehrte sie fünf Jahre lang auf der Macromedia-Hochschule in Stuttgart. Für ihre Doktorarbeit verglich sie das Fernsehverhalten von Singles und Liierten mit sicherlich wertvollen Erkenntnissen für die Wissenschaft. Als Angestellte der staatlichen Fachhochschule Kiel hängt Elke Kronewald genauso wie andere professorale Mitglieder des PR-Rats am Zipfel des Parteienstaats und nach fünf Jahren als Professorin in Stuttgart dürfte sie über solide Drähte in die BAWÜ-Politik verfügen. Auf meine Frage nach ihrer Befangenheit antwortet Frau Kronewald für sich und alle anderen Mitglieder des PR-Rats: „Mitglieder des DRPR, die sich in der Sache für befangen halten oder als befangen betrachtet werden müssen, nehmen an der Behandlung der Beschwerde nicht teil.“ Interessant zu wissen. Aber ist das wirklich eine Antwort?

Eigentlich sollte ich dankbar sein, denn ich finde, dieser Rat der Sauberleute erleichtert mich um eine anstrengende Aufgabe: Er parodiert sich selbst.

SPHÄRMAN-NEWSLETTER

Melden Sie sich hier an!
Shares:
Kommentieren

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert