Nichtwahlempfehlung für Biosphärenzweifler: Finger weg von der CDU!

Bürgermeister und Multi-Beamter Timo Egger

Eine dezidierte NICHT-Empfehlung, die sich an alle richtet, die keine dritte Biosphäre in Baden-Württemberg wollen.

Eigentlich kann ich Wahlempfehlungen nicht leiden. Sie wirken auf mich wie Bevormundungen. Aber ein Auftritt des baden-württembergischen Agrarministers Peter Hauk neulich in Wangen lässt mir nichts anderes übrig. Hauk sagte dort wortwörtlich: „Es darf kein Biosphärenreservat in Oberschwaben geben.“

Ich traue ihm nicht. Diese Aktion riecht nach einem kalkulierten Manöver, um kurz vor Torschluss noch ein paar Bauernstimmen abzuräumen. Hauks Spruch erinnert sofort an den Slogan eines anderen CDU-Ministers: „Die Rente ist sicher!“

Richtig, das war Norbert Blüm im Wahlkampf 1986. Es gibt dazu ein berühmtes Schwarzweißfoto, das Kohls Arbeitsminister lachend an einer großen Litfaßsäule zeigt, auf der Blüms Versprechen in großen Lettern steht.

Wer das Ringen um das UNESCO-Biosphärenreservat Oberschwaben-Allgäu schon ein bisschen länger verfolgt, weiß, dass die Idee zu diesem gigantischen Schutzgebiet ein Prestigeprojekt der Grünen ist, das im Rahmen der Koalitionsverhandlungen 2021 von der CDU durchgewunken wurde. 

Politische Stimmen beschwören in Dauerschleife Volkes Wille bei der Biosphäre – ein Trick?

Ein wichtiger Koalitionsverhandler auf CDU-Seite war damals der Landtagsabgeordnete Raimund Haser aus Wangen. Zusammen mit Manne Lucha (Grüne, heute Gesundheitsminister) und der Abgeordneten Petra Krebs (Grüne) forderte Haser in euphorischen Pressemitteilungen die Biosphäre. Heute klingt Exjournalist Haser (er arbeitete für die Schwäbische Zeitung) ganz anders.

Immer weiter distanziert sich Haser von seiner damaligen Position und betont dabei, dass man die Entscheidung doch der Region überlassen soll. Gemeint sind die Gemeinden.

Das deckt sich total mit dem Mantra des sogenannten „Prozessteams“, aus dem regelmäßig dieselbe Beteuerung kommt: Die Kommunen dürfen selbst entscheiden.

[ERKLÄRUNG: Das sogenannte „Prozessteam“ ist eine Art Kommunikations- und Organisationsagentur des Umweltministeriums für das geplante Biosphärenreservat und im Landratsamt Ravensburg angesiedelt. Dieses „Prozessteam“ ist für Administration, Koordination, Öffentlichkeitsarbeit und Entwicklung von Konzepten zuständig und mit vier Experten bestückt: Raumplanerin und ehemalige Entwicklungshelferin Lisa Polak, Agrarbiologe Franz Bühler, Förster und Waldpädagoge Berthold Reichle und Petra Bernert, die ehemalige Chefin des Biosphärenreservats Schwäbische Alb. Offiziell heißt es, das Büro informiere neutral, doch angesichts der „Prozessteam“-Auftritte kann man das mit gutem Gewissen als politischen Etikettenschwindel bezeichnen.]

Versprechen werden gebrochen. Siehe FFH-Betrug

Auch andere Stimmen beschwören in Dauerschleife Volkes Wille, wenn es um die Entscheidung geht, ob man Teil der Biosphäre sein will. Ich hege da gewisse Zweifel, denn eine gesetzliche Grundlage dafür gibt es nicht. Es ist ein Versprechen. Nicht mehr und nicht weniger.

Und Versprechen werden gebrochen. Stichwort: FFH-Betrug.

[ERKLÄRUNG: FFH steht für Flora-Fauna-Habitat. Der Schreck über den (von der ehemals alleinregierenden CDU begangenen) Betrug im Zusammenhang mit den FFH-Gebieten steckt vielen Landnutzern bis heute in den Knochen. Damals (um 2010) wurden weite Flächen – entgegen anderslautenden Versprechen – über die Köpfe der Eigentümer hinweg als Flora-Fauna-Habitat-Gebiete ausgewiesen und die Bauern mit erheblichen Einschränkungen bei der Bewirtschaftung belegt.]

Zurück zu den Beschwörern der Demokratie, die sagen: Die Kommunen dürfen selbst entscheiden.

Da wäre zum Beispiel noch die ehrgeizige Bürgermeisterin von Amtzell, Manuela Oswald, die ihren rebellischen Gemeinderat zähmte, als einige SOFORT aus dem Prüfprozess für die Biosphäre aussteigen wollten.

Und siehe da: Nach einer emotionalen Ansprache Oswalds für mehr Geduld, Dialog und Vertrauen votierte die knappe Mehrheit der Räte gegen den SPHÄXIT.

[SPHÄXIT = vorzeitiger Ausstieg aus der Biosphärenprüfung]

Der SPHÄRMAN (also ich) war bei dieser denkwürdigen Versammlung anwesend und schrieb eine Reportage darüber. Die finden Sie → hier.

Stuttgart setzt auf ehrgeizige Büergermeister-Beamte

Manuela Oswald kandidiert bei der aktuellen Kommunalwahl für die Wählergemeinschaft Freie Wähler, die nur auf Kommunalebene agiert und nichts mit Aiwangers Freie-Wähler-Partei zu tun hat. Oswald bezeichnet sich selbst als parteilos. Beobachter in der Gemeinde sagen, dass sie der CDU nahe steht.

Die bestens vernetzte und kluge Karrierebeamtin ist 45 und blickt auf eine beeindruckende Laufbahn zurück: Stadt Überlingen, Aulendorf, Landratsamt Lindau, Amtzell. Seit über 20 Jahren steht Manuela Oswald treu in Diensten des Staates. Gut vorstellbar, dass die gelernte Verwaltungswirtin und Mediatorin eine hohe Position anstrebt. Landrätin zum Beispiel. Da hilft es, wenn man mit der amtierenden Regierung auf gutem Fuß steht. Das sehr spezielle Kommunalwahlrecht in BAWÜ schafft die Voraussetzungen dafür. Ich komme weiter unten darauf zurück.

Und noch ein einflussreicher Bürgermeister Oberschwabens wirbt mit Nachdruck um Geduld, wenn es um die Biosphäre geht. Es ist der blutjunge (um die 35) und blitzgescheite Verwaltungsfachmann Timo Egger aus Fleischwangen, der sich heute parteilos gibt, aber zur Kreistagswahl 2019 für die CDU antrat. Unter den Bürohengsten der ausufernden Staatsbürokratie Oberschwabens gilt Egger als Rennpferd.

Schon zu Beginn seiner Karriere war er stellvertretender Leiter der Kreistagsgeschäftsstelle im Landratsamt Konstanz, sowie stellvertretender Pressesprecher und stellvertretender persönlicher Referent des Landrates. 

Man ahnt ja gar nicht, bevor man so etwas liest, was es für Ämter und Funktionen gibt, die man als Steuerzahler des Parteienstaats zu alimentieren hat. 

Egger dürften ebenfalls Chancen auf ein hohes Amt in Baden-Württemberg winken, falls er es will. Ob er selbst das genauso sieht, weiß ich nicht, denn Timo Egger antwortet nie auf meine Fragen. Auf jeden Fall ist Egger eine ganz wichtige Schlüsselfigur im Biosphärenzirkus.

Das zeigt sich immer wieder. Zuletzt, als Minister Peter Hauk seinen Biosphärenspruch raushaute. In nullkommanix war Egger zur Stelle und wies den Minister in die Schranken. Der Vorstoß des Ministers sei „ein Schlag ins Gesicht all jener, die sich mit viel Engagement und Herzblut in diesen Prozess einbringen, um eine fundierte Entscheidungsgrundlage zu schaffen“, polterte Egger in einem offenen Brief. Das sollte wohl alle beruhigen, die all den Beteuerungen von der kommunalen Selbstbestimmung misstrauen. Zurecht, wie ich finde.

Warum ist der CDU-nahe Timo Egger eine so wichtige Nummer für die Biosphären-Taktik der Regierung?

Stuttgart machte Egger zum Vorstand und Sprecher der Kommunalen Arbeitsgemeinschaft Biosphärengebiet (KAB), wo alle Bürgermeister im Suchraum für das UNESCO-Biosphärenreservat sitzen. Das war schlau. Im Impressum der Website des „Prozessteams“ steht als Verantwortlicher übrigens der Landrat von Ravensburg namens Harald Sievers. Ein CDU-Mann, der trotz eines mittelschweren Skandals 2023 wiedergewählt wurde.

Demokratiedefizit in den Landkreisen Baden-Württembergs

Wobei „gewählt“ ein gewagtes Wort ist, denn das sehr spezielle Kommunalwahlrecht in Baden-Württemberg sieht vor, dass Landrats-Kandidaten vom Innenministerium vorselektiert werden und sich dann bei den Kreisräten bewerben. Den Kreistag von Ravensburg dominiert derzeit noch die CDU. Dahinter folgen gleichauf der Dachverband der freien Wählergruppen und die Grünen.

Eigentlich wollte Winfried Kretschmann dieses Demokratiedefizit in seinem Land beseitigen und versprach in der Regierungserklärung 2011: „Auf Landkreisebene führen wir die Direktwahl der Landrätinnen und Landräte ein.“ Das war vor 13 Jahren!

Was ist seither geschehen?

Nichts. Wieder so ein Blüm-Spruch.

Kretschmann und seine Leute dürften schnell gelernt haben, dass Demokratie beim Durchdrücken unpopulärer Ideen stört, und sie beschlossen wohl, das bürgerferne CDU-Wahlrecht für sich zu nutzen. Das gute alte Hinterzimmer blieb weiterhin Ort der politischen Gestaltung.

Zurück zu Timo Egger. Wie interpretiert man das besänftigende Verhalten maßgeblicher CDU-Leute und solcher, die der Partei nahestehen, wenn es um die Biosphäre geht?

Ich sehe es so: Sie lassen das Thema weiter simmern, denn die Suppe darf erst 2026 ausgelöffelt werden.

Warum?

Weil: Grün WILL die Biosphäre und Schwarz BRAUCHT die Biosphäre, um sie als politisches Pfand in die Koalitionsverhandlungen 2026 mitzunehmen. 

Biosphärenrebellen, wie die im Gemeinderat von Amtzell, wo man SOFORT aus der Biosphärenplanung aussteigen will, stören dabei und müssen ruhiggestellt werden.

Einen wie Peter Hauck (ob er nun in Absprache oder als unguided missile handelte, ist egal) lässt man gewähren und veranstaltet danach ein bisschen Empörung. Soll er doch die Bauern einlullen. Hat ja schon mal funktioniert. Siehe FFH-Betrug.

Ich glaube, sobald ein Koalitionsdeal steht, für den die CDU ein Geschenk an die Grünen benötigt, wird sie das Schutzgebiet durchwinken. Die Selbstbestimmung der Kommunen haben willfährige Bürgermeister bis dahin wegorganisiert.

Ja, ich glaube ganz allgemein, dass es Bürgermeister gibt, die für die eigene Karriere ihre Bürger an die Politik verkaufen. Das sollten Biosphärenskeptiker gut bedenken, wenn sie sich dafür interessieren, was in ihrem Gemeinderat vor sich geht.

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