Schwäbische Zeitung, bitte aufwachen!

Einschlafhilfe Schwäbische Zeitung

Als einziges Medium berichtet die Schwäbische Zeitung regelmäßig über das Biosphärenprojekt Oberschwaben-Allgäu. Aber das Ergebnis ist dünn und folgt im Wesentlichen der Informationspolitik aus Stuttgart.

Ausgerechnet die Grünen beschwerten sich neulich im Kreistag von Sigmaringen darüber, dass ihrer Arbeit von Seiten der Medien zu wenig Aufmerksamkeit zuteil wird und stellten einen → skurrilen Antrag. Der Staat solle einspringen, wo die Lokalpresse versagt. Unter den Antragstellern: Ministerpräsidenten-Sohn Johannes Kretschmann.

Dabei ist die Regierungspartei allem Anschein nach größter Profiteur eines gewissen Schlendrians in den Redaktionen Südschwabens. Das mag auch daran liegen, dass die Verleger der schwäbischen Zeitungsoligarchie ihre Verbreitungsgebiete untereinander aufgeteilt haben und keiner dem anderen ernsthaft auf die Pelle rückt. Schwäbische Zeitung, Südkurier und Südwest Presse publizieren gemächlich nebeneinander her. Mangelnde Konkurrenz schläfert journalistischen Ehrgeiz ein. Ein Beispiel gefällig?

Kennst du Google?

Gerne. Ein Artikel der Schwäbischen Zeitung belegt die niedrigen Recherchestands im Zusammenhang mit dem Biosphärenreservat Oberschwaben und gerät zur willenlosen Übernahme der Regierungskommunikation. Man fragt sich sogar, ob die zuständigen Redakteure wissen, was Google ist. Dort könnte man zum Beispiel auf → ein interessantes Protokoll stoßen, das der staatlichen Biosphärenpropaganda widerspricht. Und man könnte dieses Dokument zur Grundlage eines informativen Artikels über den Stand des Biosphärenprojekts machen.

But in The Länd the clocks tick differently. Für einen Artikel mit der Überschrift → So läuft es mit dem Biosphärengebiet Oberschwaben-Allgäu wurde wohl nur ein einziges Gespräch geführt – mit dem von Stuttgart eingesetzten Prozessteam, das wie eine Marketingagentur agiert, auch wenn dort anderes behauptet wird.

Der ganze SZ-Artikel gerät zur einer Art Pressemitteilung der Biosphärenmacher. Skeptiker werden als Ahnungslose hingestellt, die von „Ängsten“ getrieben sind. Das ist → Framing in Reinkultur.

Bitte nicht näher nachfragen!

Aber nicht nur das. Prozessteam-Mitglied Lisa Polak erhält ausgiebig Raum, um nicht näher definierte „Fördergelder“ anzupreisen, ohne dass der Artikel darauf eingeht, wie gering jene Fördermittel sind, die exklusiv an den Status des Biosphärenreservats gebunden sind. Kleiner Hinweis: Es sind 200.000 Euro. Dazu gesellen sich Fördertöpfe mit vielen Millionen, die man auch dann beantragen kann, wenn man nicht in einem Biosphärenreservat hockt. Das ist reine Biosphärenreklame unter Weglassung von Tatsachen.

Weiter unten im Text wirbt Polak-Kollege Franz Bühler mit den ökonomischen Chancen im Biosphärenreservat und nennt als Beispiel die sogenannte „Paludikultur“. Das bezeichnet unter anderem die Herstellung von Baustoffen aus Moorschilf, welche (laut Bühler) stark von der Industrie nachgefragt werden, oder die Erzeugung von Strom aus Biomasse. Bühler spricht wörtlich von „Interesse bei einigen“ und meint damit wohl Unternehmen, die an der Paludiwirtschaft teilnehmen möchten. Bezeichnenderweise berichtet der Redakteur aus dem SZ-Schlaflabor nicht, welche Firmen das sind. Als zahlender Abonnent der Schwäbischen Zeitung interessiert mich das jedoch sehr.

Defizite in der Berichterstattung

Deshalb habe ich selbst bei Bühler nachgefragt. Ich weiß glücklicherweise, wie das geht. Und was kam zurück? Bühler kann oder will keine konkrete Antwort auf meine Frage geben.

Auch auf eine zweite Frage, ob er weitere Unternehmen innerhalb des Suchgebiets nennen könne, die an einem Biosphärenreservat Oberschwaben interessiert sind, weil sie sich wirtschaftliche Vorteile erhoffen, antwortet Franz Bühler nur Allgemeines und verrät kein einziges Unternehmen.

Es drängt sich die Frage auf, ob es dieses „Interesse“ überhaupt gibt und Firmen existieren, die sich ernsthaft Chancen in einem Biosphärenreservat Oberschwaben ausmalen.

Spätestens jetzt ist klar, dass es ein Defizit in der Berichterstattung aus Südschwaben gibt. Auch wenn Johannes Kretschmann das etwas anders gemeint hat.

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