Spessart: Auch hier wollen Politiker-Beamte ein UNESCO-Biosphärenreservat durchdrücken

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Im Jahr 2017 scheiterten Pläne für einen Nationalpark in Unterfranken am Widerstand der Holzwirtschaft. Jetzt versuchen Landräte und Bürgermeister dort trickreich ein Biosphärenreservat einzurichten.

Die Parallelen zu Südschwaben sind erstaunlich. So wie hier haben sich auch in Unterfranken eine Handvoll verbeamtete Politiker mit Naturschutzorganisationen und Medien zusammengetan, um der Öffentlichkeit das dringende Bedürfnis nach einem UNESCO-Biosphärenreservat vorzugaukeln. Eine hingebogene Umfrage, die eine Zustimmung der Bevölkerung suggeriert, zeigt, zu welchen Mitteln die Biosphärenfans im Spessart greifen.

Als Bayerns Forstminister und Vize-Regierungschef Hubert Aiwanger im Sommer 2024 gegen die Pläne einiger Kommunalpolitiker schimpfte, die im unterfränkischen Teil des Spessart ein UNESCO-Biosphärenreservat einrichten wollen, war die Aufregung ganz kurz sehr groß. Aiwanger über das Projekt: „Ein totes Pferd sollte man nicht reiten.“

Der Spruch schaffte es sogar in ein paar Leitmedien. Danach wehrten sich Landräte und Naturschutz-Funktionäre empört gegen die als Einmischung empfundene Attacke. Angeblich soll Aiwanger die Befürworter des geplanten Schutzgebiets sogar für dumm erklärt haben.

Vollversorgte Politiker-Beamte

Ebenso ähnlich wie in Südschwaben ist die soziale Homogenität jener Spessartpolitiker, die an den Steuerknüppeln sitzen und ihre Region in eine biosphärische Zukunft lenken. Die wichtigsten Protagonisten der unterfränkischen Biosphäre entstammen urbanen Milieus und ergriffen Berufe, die sie direkt in die Arme des Staates lotsten. Es sind wirtschaftsferne Beamte, die unberührt von Verwerfungen ihre Einkommen beziehen:

  • Main-Spessart-Landrätin Sabine Sitter, eine eher links orientierte CSU-Frau und studierte Sozialarbeiterin.
  • Aschaffenburg-Landrat Alexander Legler von der CSU, ein Verwaltungsjurist, Kommunalrecht-Lehrer und Vollblutbeamter.
  • Miltenberg-Landrat Jens Marco Scherf von den Grünen, ein studierter Lehrer, der früher bei der Jungen Union war.
  • Aschaffenburgs Oberbürgermeister Jürgen Herzing von der SPD, ein ehemaliger Feuerwehrmann und Rettungssanitäter.

Man erkennt außerdem: So wie beim Projekt des UNESCO-Biosphärenreservats für Unterschwaben und das schwäbische Allgäu sind nicht nur vollversorgte Politiker-Beamte, sondern auch Leute in staatlich geförderten Umweltorganisationen und ideologisch beseelte Journalisten die wesentlichen Antreiber des Projekts. Ein Nutzen für die Bevölkerung wird hier wie dort herbeifantasiert und ist in beiden Fällen fraglich.

Umfrage mit Gschmäckle

Um den Makel der Sinnlosigkeit auszuwaschen, kam man im Landratsamt Main-Spessart von Sabine Sitter (CSU) auf diese Idee: eine Onlineumfrage, die im März und April 2023 durchgeführt wurde.

Das wenig überraschende Resultat bescheinigt den Auftraggebern breite Zustimmung zum Biosphärenreservat und landet prompt in wohlmeinenden Qualitätsmedien, unter anderem beim zwangsfinanzierten BR, der seit Monaten unverhohlen Biosphärenwerbung versendet und im oben verlinkten Beitrag zusammenfassend meldet: „Bei einer Onlineumfrage im letzten Jahr sprachen sich 71% für die Biosphärenregion aus.“

Was im BR-Beitrag keine Erwähnung findet, sind die Umstände, wie diese Zahl zustande kam: An dieser Umfrage nahmen nur 3.180 Personen teil, obwohl im betroffenen Einzugsgebiet rund 450.000 Menschen leben. Grüne und der riesige vom Land Bayern üppig geförderte Wander- und Naturschutzverein Spessartbund (10.000 Mitglieder in 80 Ortsgruppen, Präsident ist der CSU-Landtagsabgeordnete, Aschaffenburg-Stadtrat und Jura-Professor Winfried Bausback) warben unter ihrer Klientel intensiv um die Teilnahme an der Befragung.

So kreiert die Politik ein passendes Ergebnis für die Öffentlichkeitsarbeit und kann fürderhin behaupten, dass die Bürger hinter ihren Plänen stehen.

Misstrauen gegenüber der Politik

Und noch eine Parallele zu Oberschwaben-Allgäu fällt auf: Auch hier versprechen Spessart-Politiker, dass die Kommunen selbst entscheiden dürfen, ob sie Teil eines UNESCO-Biosphärenreservats werden wollen.

Sogar die Vokabeln der Politik sind identisch. Ein ergebnisoffener und transparenter Prüf- und Beteiligungsprozess soll Klarheit schaffen, eine sogenannte Machbarkeitsstudie bescheinigt den Plänen mehr Chancen als Risiken.

Auch der BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland) in Main-Spessart will die Biosphäre und wirbt mit denselben Argumenten wie die Politik.

Gegner des Projekts erkennen keinen Mehrwert für die Region. Sie zweifeln an den Beteuerungen von Politikern, dass es für Landwirtschaft über die bestehenden Einschränkungen hinaus keine weiteren Verbote geben wird. Auch dem Versprechen, dass den Kommunen bei der Bauleitplanung keine neuen Auflagen drohen, traut man nicht.

Kurios: In einer Informationsbroschüre zum Thema „Biosphärenregion im Spessart“ der vier Landratsämter wird ausgerechnet das Biosphärenreservat Rhön gelobt. Aber genau dort knallt es derzeit heftig, weil sich 21 Bürgermeister und ein Landrat vom Umweltministerium über den Tisch gezogen fühlen, weil neue Verbote drohen und auf das Mitspracherecht der Kommunen gepfiffen wird. Die Details stehen → hier.

Gemeinden geizen mit Flächen

Der pensionierte Lehrer und Hobbyfotograf Ulrich Prantl war früher für den Nationalpark und nach dessen Scheitern auch für das UNESCO-Biosphärenreservat. Dann kamen ihm Zweifel und heute zählt er zu den hartnäckigsten Kritikern der Pläne. Auf seiner akribisch gepflegten → Website steht: Ein Biosphärenreservat wird es nicht geben! Prantl begründet dies ausführlich.

Dem SPHÄRMAN schreibt Ulrich Prantl: „Stand derzeit ist, dass massiv Kernfläche fehlt und von den Gemeinden sehr zögerlich bis gar nicht zur Verfügung gestellt wird. Letzte Hoffnung ist wohl, dass Minister Aiwanger nach der Bundestagswahl mit einem Direktmandat nach Berlin wechselt. Dann könnte ein Nachfolger als Chef der Bayerischen Staatsforsten evtl. großzügiger Flächen für eine Kernzone zur Verfügung stellen. Ansonsten war geplant, bis zum Jahreswechsel die Stellungnahmen und Flächenspenden der Gemeinden zu bewerten und dann zu entscheiden, ob das Projekt BR weiter verfolgt werden soll. Ich gebe der Sache keine Chance mehr.“

Was ist der Grund, warum die Politiker das Biosphärenreservat so dringend wünschen? Ulrich Prantl hat einen Verdacht und vermutet, dass die Biosphäre für Landräte und Bürgermeister nichts anderes als eine willkommene Geldquelle ist, aus der man Mittel in die klammen Kommunalkassen lenken kann. Gegenüber der Presse sagt Prantl: „Der Naturpark Spessart wird von den Kreisen und der Stadt Aschaffenburg finanziert. Bei einem Biosphärenreservat Spessart allerdings würde das Geld aus München vom Freistaat und aus Paris von der UNESCO kommen.“

Überfall auf Geldtransport?

Mit seiner Vermutung liegt Prantl wohl nur teilweise richtig. Denn dass die UNESCO Geld an Biosphärenbetreiber zahlt, ist nicht bekannt. Sehr wohl aber, dass für so ein Schutzgebiet Geld aus Landes- und EU-Mitteln sprudelt.

Steckt also das hinter der Biosphärenverliebtheit der Politiker-Beamte?

Folgt man dem aus Oberschwaben stammenden Philosophen Martin Heidegger und seiner Lehre über die Bedeutung der Sprache als Träger von Sinn und Wahrheit, gewinnt man recht bald ein Gefühl dafür, wie ernst Leute es meinen, wenn sie sprechen.

Eine kurze Analyse der offiziellen Pro-Biosphärenstatements der Protagonisten offenbart den Griff in die Phrasenkiste der Politik. Was dabei herauskommt sind Sätze, die alle seltsam ähnlich klingen und nicht viel Sinn enthalten:

  • Eine Biosphärenregion Spessart würde das Leben und das Wirtschaften der Menschen im Spessart in den Mittelpunkt rücken und bedeuten, dies im Einklang mit der Natur zu entwickeln und zu fördern. Landrat Jens Marco Scherf in Miltenberg.
  • Durch den Fokus auf den Schutz der natürlichen und kulturellen Vielfalt sowie eine nachhaltige Regionalentwicklung bietet eine Biosphärenregion vielfältige Möglichkeiten für Mensch und Natur im Spessart – in ökologischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht. Aschaffenburgs Oberbürgermeister Jürgen Herzig.
  • Eine Biosphärenregion wäre aus meiner Sicht ein echter Gewinn und Mehrwert für die Menschen, für unsere Region und die attraktive Weiterentwicklung auch unseres Landkreises und damit in Summe für die Lebensqualität vor Ort. Landrat Alexander Legler in Aschaffenburg.
  • Die Biosphärenregion ist eine große Chance für uns. Damit können wir Modellregion der nachhaltigen Entwicklung werden. Main-Spessart-Landrätin Sabine Sitter.

Ist das Politikergerede über Vielfalt, Natur, Lebensqualität, Soziales, Wirtschaft und Nachhaltigkeit nur Tarnung für den sorgfältig vorbereiteten Überfall auf einen Geldtransport? Wenn das so wäre, dann würden diese Leute ihren Bürgern nicht die Wahrheit sagen. Sie wären Lügner.

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