Weil sie wissen, dass Thekla Walker viel zahlt, um den grünen Biosphärentraum zu retten, drohen Bürgermeister mit Austritt aus dem UNESCO-Biosphärengebiet.
Der SPHÄRMAN nennt das SPHÄXIT.
Auf der Website der Schwarzwald Tourismus GmbH tönt es stolz: Keine andere Region in Deutschland verfügt über eine solch hohe Dichte an Großschutzgebieten wie der Schwarzwald. Fast die gesamte Fläche werden vom Nationalpark, den beiden Naturparken und dem Biosphärengebiet abgedeckt.
Das ist schön für Mensch und Natur und bringt ganz sicher auch Touristen mit Geld. Andererseits: Im Schatten der Idylle gedeiht auch ein hässliches Kraut: explodierende Personalkosten, die der Steuerbürger finanziert.
2014 ging der Nationalpark Schwarzwald mit 40 Mitarbeitern an den Start. Nicht ohne Streit um den Sinn des Projekts. Heute sind es 110 Mitarbeiter.
Der Naturpark Schwarzwald Mitte/Nord begann im Jahr 2000 mit nur einem Mitarbeiter in einem Büro im Landratsamt. Heute sind es 25.
Im Naturpark Südschwarzwald (seit 1999) schaffen heute 27 Mitarbeiter.
Und das UNESCO-Biosphärengebiet Schwarzwald ist mit 23 Leuten besetzt.
Zu den Kosten für Personal gesellen sich noch zahlreiche Zuständigkeiten in etlichen Landratsämtern und zwei Regierungspräsidien, die ebenfalls vom Steuerbürger finanziert werden. Und natürlich Zahlungen an Vertragspartner für Dienstleistungen, wie zum Beispiel an den NABU, der mit der Biosphäre Schwarzwald gut im Geschäft steht.
Zu den vielen Leistungen des NABU gehören dort: Greifvogel-Monitoring, Jugend- und Bildungsprogramme, Studien, Ehrenamtskoordination, Klimakonzepte für die Anreise usw. Und wohlgemerkt: politisches Lobbying für die Gebietsausweitung!
So viel luxuriöse Förderung weckt in manch darbender Kommune zwiespältige Gefühle. In einigen Gemeinden wird deshalb offen über den Austritt aus der Biosphäre gesprochen, denn bis zum 31. Dezember 2025 scheint dies möglich. Dann laufen die ersten 10 Jahre des UNESCO-Biosphärengebiets Schwarzwald ab. Ebenso eine Vereinbarung zwischen Land, Landkreisen und Kommunen über die Mitgliedschaft.
Als einer der Ersten dachte Bürgermeister Adrian Probst aus der Stadt St. Blasien öffentlich über einen SPHÄXIT nach. Anfang Juni besprach er mit seinem Gemeinderat die hohen Mitgliedsbeiträge an die Biosphäre: 16.000 Euro jährlich, von denen das Land die Hälfte zahlt. Im Gemeinderat keilte Probst auch gegen die ausufernden Personalkosten des Biosphärengebiets: 874.000 Euro im Jahr 2022. Inzwischen sind die Personalkosten sogar noch weiter gestiegen. Auf 914.000 Euro. So steht es im Geschäftsbericht 2024.
Natürlich wollte sich der SPHÄRMAN mit diesem rebellischen Bürgermeister unterhalten und bat ihn schriftlich um ein Gespräch.
Derzeit ist der SPHÄXIT noch keine beschlossene Sache, schrieb Adrian Probst dem SPHÄRMAN geheimnisvoll zurück, und wollte sich nicht weiter in die Karten schauen lassen. Warum eigentlich?
Aber eines verriet er doch: dass es weitere Kommunen gibt, die über einen Abschied aus der Biosphäre nachdenken. Zum Beispiel Höchenschwand im südlichen Hochschwarzwald, wo der Tourismusfachmann Sebastian Stiegeler auf dem Bürgermeisterstuhl sitzt.
Und dieser Bürgermeister sprach mit dem SPHÄRMAN…
SPHÄRMAN: Herr Bürgermeister, wie steigt man nach 10 Jahren aus dem UNESCO-Biosphärengebiet aus?
SEBASTIAN STIEGELER: Das ist gar nicht so einfach. An die Verordnung des Landes Baden-Württemberg, in der unsere Mitgliedschaft festgeschrieben ist, kommen wir nicht ran. Deshalb haben wir die zugehörigen Vereinbarungen zwischen Gemeinde und Regierungspräsidium Freiburg bezüglich Finanzierung und Zusammenarbeit gekündigt. Ich hoffe, das bleibt nicht nur ein symbolischer Akt.
SPHÄRMAN: Was haben Sie konkret gegen die Biosphäre?
SEBASTIAN STIEGELER: Wir hinterfragen das Biosphärengebiet nicht grundsätzlich. Höchenschwand ist Deutschlands höchstgelegener Heilklimatischer Kurort, wir haben zwei Kliniken und eine Luftqualität wie in Davos. Wir sind von der Natur abhängig. Aber die immer weiter ausufernde Bürokratie behindert uns in der Entwicklung, und da spielt das Biosphärengebiet leider auch eine Rolle.
SPHÄRMAN: Aber die Biosphäre bietet mannigfaltige Möglichkeiten, um Fördermittel in Anspruch zu nehmen, heißt es allerorten. Haben Sie das Gefühl, Sie bekommen zu wenig?
SEBASTIAN STIEGELER:Wir konnten in den vergangenen 10 Jahren kaum Fördermittel beanspruchen, außer etwas Unterstützung für das Marketing, weil wir nur Teilbereich des Biosphärengebiets sind. Unterm Strich ist die Zugehörigkeit zur Biosphäre finanziell ein Minusgeschäft für uns, da wir nur Förderprojekte einreichen können, welche im Bereich unserer Gemarkung angesiedelt sind, die sich im Biosphärengebiet befindet. Wir haben daher aus unserer Sicht zu wenig Nutzen und zu hohe Kosten.
SPHÄRMAN: Können Sie das etwas präziser ausdrücken?
SEBASTIAN STIEGELER: Wir zahlen pro Jahr 750 Euro für die Teilmitgliedschaft im Biosphärengebiet. Das hört sich nach wenig an, aber damit könnte man zum Beispiel einen örtlichen Verein finanziell stark fördern. Für die Bürger ist das eher spürbar als die Mitgliedschaft zur Biosphäre. In anderen Kommunen, die Vollmitglieder der Biosphäre sind, mag das unterschiedlich sein. In Zeiten der knappen Kassen war die Kündigung auf jeden Fall nötig.
SPHÄRMAN: Die Gemeinden werden an der kurzen Leine gehalten, aber für die Biosphären-Idee scheint das Geld zu sprudeln…
SEBASTIAN STIEGELER: Das ist zwar drastisch formuliert, trifft aber vielleicht in Teilen zu. In der Biosphären-Geschäftsstelle in Schönau arbeiten ca. 20 Personen in den unterschiedlichsten Fachbereichen. Dazu kommen noch etliche Zuständigkeiten im Landratsamt Lörrach in den Bereichen Naturschutz, Wasserrecht und Einsatz von Förderprogrammen. Zusätzlich unterhalten wir mit dem Naturpark Südschwarzwald, in dem das UNESCO-Biosphärengebiet liegt, nahezu Doppelstrukturen. Das ist alles viel zu langsam, zu viel, zu groß.
SPHÄRMAN: Wenn ich das richtig verstehe, erwarten Sie für die Verschwendung von Steuermitteln einen Ausgleich…
SEBASTIAN STIEGELER: Wir steuern mit dem Bannwald Schwarzahalde einen wichtigen Anteil der geforderten 3% für die Kernzone des Biosphärengebiets bei. Aus diesem Grund glaube ich schon, dass wir auch mehr vom Biosphärengebiet und den möglichen Förderprogrammen profitieren sollten. Das bringt uns in eine günstige Verhandlungsposition.
SPHÄRMAN: Um was konkret zu erreichen?
SEBASTIAN STIEGELER: Alle Gemeinden im Landkreis Waldshut haben Ende Juli einen Termin mit dem Regierungspräsidenten aus Freiburg. Dort werden wir versuchen, das zu klären.
Ende des Gesprächs.




